Hochvirulente RHDV2-Stämme: ein Risiko für unsere Hauskaninchen!
Einführung
Die hämorrhagische Kaninchenkrankheit ist eine tödliche Viruserkrankung, die Kaninchen befällt. Ihre Ausbrüche haben verheerende Folgen für die Kaninchenpopulationen. Unter ihren Genotypen hat sich das RHDV2 - auch bekannt als GI.2 - durch sein breites Wirtsspektrum, die Fähigkeit, junge Kaninchen zu infizieren, die Fähigkeit, schnell zu mutieren und zu rekombinieren, und seine zunehmende Virulenz ausgezeichnet. Seit seiner ersten Entdeckung in Frankreich im Jahr 2010 hat sich das RHDV2 in Europa, Amerika und Teilen Ozeaniens und Asiens ausgebreitet und die Epidemiologie der RHD grundlegend verändert.
Im Gegensatz zum klassischen RHDV (GI.1), das hauptsächlich erwachsene Kaninchen (Oryctolagus cuniculus) befiel, wurde festgestellt, dass das RHDV2 Kaninchen aller Altersgruppen sowie andere Lagomorphenarten, einschließlich verschiedener Hasen (Lepus spp.) und Wildkaninchen (Sylvilagus spp.), infiziert. Seine Fähigkeit, Artengrenzen zu überschreiten und sich schnell anzupassen, hat das RHDV2 zu einem beeindruckenden Krankheitserreger sowohl bei wild- als auch in häuslicher Umgebung lebenden Kaninchen gemacht.
Das RHDV gehört zur Familie der Caliciviridae und ist ein einzelsträngiges unbehülltes RNA-Virus. Seine hohe Mutationsrate und genetische Plastizität sind charakteristisch für RNA-Viren und ermöglichen das häufige Auftreten neuer Varianten mit erhöhtem pathogenem Potenzial. Das Virus befällt hauptsächlich die Leber und verursacht massive Lebernekrosen und weit verbreitete Blutungen, was oft innerhalb von 24-72 Stunden nach der Infektion zu disseminierter intravasaler Gerinnung (DIC) und Multiorganversagen führt.
Hochvirulente RHDV2-stämme
Frühe Berichte beschrieben das RHDV2 als relativ weniger tödlich im Vergleich zum klassischen RHDV, insbesondere bei erwachsenen Kaninchen. Mehrere Studien haben jedoch eine signifikante Zunahme der Virulenz der RHDV2-Stämme gezeigt, wobei einige fast 100% Sterblichkeit erreichen. Dies steht im Gegensatz zu den frühen Isolaten von RHDV2, die das Virus als mäßig pathogen charakterisierten. Während einige Stämme eine abgeschwächte Pathogenität aufweisen, sind andere tödlicher als ihre Elternstämme.
Mehrere Faktoren können zur erhöhten Virulenz des RHDV beitragen:
Genetische Rekombination: Die Rekombination zwischen verschiedenen RHDV-Stämmen hat zur Entstehung hochvirulenter Varianten geführt. Diese Rekombinationsereignisse können zu neuen Virusvarianten mit erhöhter Pathogenität führen.
Hohe Mutationsraten: Die hohe Mutationsrate des RHDV als RNA-Virus ermöglicht es ihm, sich schnell an neue Umgebungen und Wirte anzupassen. Diese schnelle Evolution kann zur Entwicklung virulenterer Stämme führen.
Koevolution von Wirt und Virus: Die Interaktion zwischen dem RHDV und dem hohen Reproduktionszyklus seines Wirts (Kaninchen und Hasen) spielt eine entscheidende Rolle bei der Evolution der Virulenz. Während sich das Virus an das Immunsystem des Wirts anpasst, kann es effizienter werden, Immunantworten zu umgehen und schwere Krankheiten zu verursachen.
Risiken für Hauskaninchen
Hauskaninchen, wie Zwergkaninchen oder andere Hauskaninchen, sind anfällig für hochvirulente RHDV-Stämme. Die Risiken für Hauskaninchen umfassen:
Hohe Sterblichkeitsrate: Hochvirulente RHDV2-Stämme können bei 80-100% der infizierten Kaninchen den Tod verursachen, oft innerhalb von 1-3 Tagen nach Auftreten der Symptome.
Hohe Umweltresistenz des Virus: Es kann in tierischen Geweben mindestens 3 Monate im Freien oder 1 Monat bei direkter Exposition gegenüber Umweltbedingungen überleben.
Übertragung: Das Virus verbreitet sich durch direkten Kontakt mit infizierten Kaninchen oder deren Sekreten sowie durch kontaminierte Gegenstände, Futter, Wasser und sogar Insekten. Daher können auch Hauskaninchen ohne Kontakt zu anderen Tieren infiziert werden.
Begrenzte Überwachung und Fehldiagnosen: Plötzliche Todesfälle in nicht überwachten Gebieten können fälschlicherweise anderen Ursachen zugeschrieben werden.
Prävention
Angesichts der Umweltresistenz des Virus sind Biosicherheitsmaßnahmen unerlässlich, um die Übertragung innerhalb der Tierarztpraxis zu verhindern. Diese Maßnahmen umfassen unter anderem die Isolierung kranker Kaninchen, die Aufrechterhaltung einer sauberen Umgebung und die Kontrolle von Vektoren.
Da es keine spezifische Behandlung für die Krankheit gibt, nur symptomatische Behandlung, und angesichts der erhöhten Virulenz der aktuellen RHDV2-Stämme, ist die Prävention durch Impfung das einzige wirksame Mittel, um Kaninchen zu schützen. Um die Impfstrategie zu gestalten, müssen wir die folgenden Faktoren bei der Auswahl der zu verabreichenden Impfstoffe berücksichtigen:
Schutz gegen mehrere RHD-Stämme: Impfstoffe wie YURVAC® RHD bieten Schutz gegen verschiedene RHDV-Stämme, einschließlich hochvirulenter RHDV2-Stämme. Dieser Breitbandschutz ist entscheidend, um Ausbrüche und Sterblichkeit zu verhindern.
Hohe Immunität: Impfstoffe, die eine starke serologische Reaktion hervorrufen und einen langfristigen Schutz gewährleisten.
Zusammenfassend müssen die Impfprotokolle an die epidemiologische Situation jedes Landes angepasst werden. Regelmäßige Impfungen werden dazu beitragen, die Ausbreitung des RHDV2 zu kontrollieren, indem die Anzahl der anfälligen Kaninchen reduziert wird.

Referenzen
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